Möglicherweise hast du das auch schon erlebt: Zuhause klappen die Dinge prima, aber sobald dein Pferd und du die gewohnte Umgebung verlasst, machen sich Stress und Unsicherheit breit. In diesem Artikel gebe ich dir einen kurzen Überblick darüber, wie ich meine Pferde auf diese Herausforderung vorbereite und was du tun kannst, um deinem Pferd vor Ort über die erste Aufregung hinwegzuhelfen.

Ein Pferd, welches mit mir aufs Turnier geht oder zu einer Show, sollte mir idealerweise vertrauen. Auch ist es mir wichtig, dass ich dieses Pferd sehr gut kennen und ihm vertrauen kann. Mindestens aber sollte ich das Pferd wirklich gut einschätzen können, um weder das Pferd, noch mich, noch andere oder irgendetwas zu gefährden.

Mein Ziel ist, dass das Pferd auch in schwierigen Situationen klar bleibt bzw. schnell in seine Mitte zurückfindet.

Grundsätzlich wünsche ich mir eine tiefe Kommunikation mit meinem Pferd, ich möchte eintauchen in sein Gefühlserleben, um es wirklich in seiner Tiefe kennenlernen zu können. Nur dann gelingt es mir ja, mich ihm gegenüber so zu verhalten, dass ich es auch in einer Extremsituation unterstützen kann.

Gerne mache ich „Zeugs“ mit den Pferden, beobachte sie, wenn sie sich Fremdem nähern, freue mich, wenn Sie neugierig reagieren. „Zeugs“ meint hier zum Beispiel über Planen gehen oder an irgendwelchen Gruseligkeiten vorbei oder unter ihnen hindurch, durch Wasser laufen, ungewohnte Geräusche von einem Tonträger abspielen und dergleichen mehr. Hier sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Ob das Pferd und ich dies vom Boden aus machen oder beim Reiten, im geschützten Raum einer Halle, eines eingezäunten Platzes oder womöglich im Gelände, entscheide ich ganz individuell und situativ. Wie immer befinden das Pferd und ich uns bei was auch immer in einer Feedbackschleife. Unser Vertrauen ineinander wächst. So vorbereitet, ist das Reiten in ungewohnter Atmosphäre eine eher positiv-spannende Sache für die Pferde und ein willkommenes Abenteuer.

Ein wenig oder auch gar nicht vorbereitetes Pferd in ungewohnter Atmosphäre zu reiten, kommt für mich nur infrage, wenn ich das Pferd so einschätze, dass der Versuch nicht in die Hose geht. In so einem Fall ist die Show selbst das Training. Reagiert das Pferd ängstlich oder skeptisch, versuche ich, ihm angepasst an seine Persönlichkeit den Mut bzw. die Sicherheit zu geben, der bzw. die ihm aktuell fehlt.

Wichtig ist es, dass das Pferd in der herausfordernden Umgebung seine Situation erfassen kann, es muss gucken können, lauschen, riechen, schlicht, mit allen Sinnen alles checken, erkennen, dass eine Flucht nicht lohnt, nicht nötig ist, aus sich heraus. Die Zeit dafür gebe ich uns beiden, denn sind Pferde es gewohnt, auch in gruseliger Atmosphäre bei sich bleiben zu können, wird die „kritische Phase“ immer kürzer werden.

Was genau das Pferd in welchem Moment braucht, ist so dermaßen individuell, dass ich weitere Beispiele kaum nennen kann. Vielleicht noch soviel: Gibt es die Möglichkeit, dass Zuschauer dem besorgten Pferd etwas zu essen geben, vielleicht Möhrenstückchen oder Apfel oder Birne, hilft alleine das schon ungemein. Einfach nur so weit zu reiten, wie das Pferd sich noch traut und dann zu warten, bis es sich noch ein Stück weiter traut usw., ist auch eine Alternative. Es gibt so viele Möglichkeiten, Pferden Mut zuzusprechen, probiert euch aus! Sei wachsam! Ein Pferd ist immer noch ein Pferd, besser, du rechnest jederzeit mit allem! Dennoch: Entdeckt die Welt!

Ein Beispiel dafür, wie man sogar mit sehr aufgeregten Pferden noch tolle Ergebnisse erreichen kann, ist meine Demo auf der Messe Pferd & Jagd in Hannover im Dezember 2022. Dort zeigen sich die Stuten Fine und Donja mit ihren Reiterinnen Alicia und Lisa ganz großartig, obwohl beide in der ganz besonderen Atmosphäre zunächst sehr aufgeregt waren.